Die Kunst der Kritikfähigkeit. Foto: Jorma Bork / pixelio.de
Kritikfähigkeit ist eine von vielen Soft Skills, die im Berufsleben von entscheidender Bedeutung sind. Immerhin kommt es – mal mehr, mal weniger – auch einmal im Job dazu, dass Sie kritisiert werden. Dabei kann die Kritik vom Chef kommen oder Sie sehen sich den Sticheleien der Kollegen ausgesetzt. Die entscheidende Frage hierbei ist, wie Sie mit der Kritik umgehen. Kritikfähigkeit bezeichnet jedoch nicht nur die Kompetenz, Kritik richtig entgegen zu nehmen, sondern auch Kritik effektiv auszuüben.
Gerade in Bereichen, in denen Teamarbeit entscheidend ist und viele Menschen miteinander arbeiten, kann großes Konfliktpotential bestehen. Daher ist eine gut ausgebildete Kritikfähigkeit für ein produktives Arbeitsumfeld unumgänglich. Aber Achtung: Kritikfähigkeit ist nicht gleichbedeutend damit, jegliche Kritik anzunehmen. Vielmehr geht es darum, Kritik die sachlich formuliert ist und eine nachvollziehbar Grundlage hat, anzunehmen, diese zu überdenken und Konsequenzen daraus zu ziehen. Nicht umsonst sprechen wir auch häufig von konstruktiver Kritik, welche dazu beiträgt, auf Fehler hinzuweisen, aus diesen zu lernen und schließlich die zu beanstandenden Punkte zu verbessern.
Inhalt
Konstruktive Kritik
Kritik kann schnell auch in schwerwiegende Konflikte ausarten, deshalb ist die Kritikfähigkeit wichtig für das Berufs- wie auch für das Privatleben. Meist fällt das Annehmen von Kritik jedoch nicht ganz so leicht und es gilt hier konstruktive Kritik zu erkennen und abzugrenzen von grundlosen Beschuldigungen. Konstruktive Kritik beinhaltet neben dem Verweis auf ein Problem gleichsam auch einen Vorschlag zur Verbesserung. Mit diesem kann der Kritisierende produktiv zu einer Problemlösung beitragen. Sie als Kritisierter hingegen besitzen die Möglichkeit, den Verbesserungsvorschlag aktiv anzunehmen und umzusetzen. Wichtig ist in jedem Falle, Kritik niemals persönlich zu nehmen. Gerade im Berufsleben ist es wichtig eine klare Grenze zwischen Beruflichem und Privatem zu ziehen und sich nicht auf eine emotionale Ebene zu begeben. Deswegen sind Sachlichkeit und Diplomatie bei der Kritikfähigkeit besonders gefragt.
Kritikfähigkeit stärken
Sie können lernen, kritikfähig zu werden. Jeder Konflikt, jede Diskussion bietet hier Übungspotential. Dabei ist es wichtig, den Kritisierenden stets ausreden zu lassen. Des Weiteren sollten Sie die Kritik zunächst für sich selbst überprüfen und sich darüber klar werden, ob die Argumente des Kritisierenden Hand und Fuß haben. Wenn dies der Fall ist, sollten Sie die Kritik annehmen und bei ähnlichen Situationen oder Aufgaben umsetzen, damit derselbe Fehler nicht ein zweites Mal geschieht.
Sind Sie jedoch der Meinung, dass Ihre Handlungsweise einwandfrei war und die Kritik aus der Luft gegriffen zu sein scheint, dürfen Sie sachlich argumentieren, warum Sie der Meinung sind, dass Ihre Handlungsweise Vorteile bietet und diese aufführen. Sie sollten auch vermitteln, was der Grund Ihres Handelns war. Vielleicht trifft dann beim Kritisierenden ein besseres Verständnis ein oder er ist zumindest bereit, einen Kompromiss schließen.
Selbstsicher durch Selbstbehauptung
Selbstbehauptung ist beim richtigen Umgang mit Kritik äußerst wichtig. Sie dürfen nicht den Mut verlieren, nur weil Sie mit unbequemen Fragen, Beschwerden oder gar Angriffen am Arbeitsplatz konfrontiert werden. In diesen Momenten können Sie durch intelligente, kurze Äußerungen die Situation entschärfen und die Sachebene wiederherstellen. Äußert sich jemand also folgendermaßen: „Wie blöd sind Sie eigentlich?“, können Sie mit der Frage „Was genau meinen Sie?“ konsequent auf die Sachebene zurückführen, denn damit muss sich der Angreifer erklären. Es wirkt entwaffnend, wenn Sie bei gerechtfertigten Angriffen Ihren Fehler eingestehen und im Anschluss einräumen, die Angelegenheit sofort zu bereinigen. Auch Ermahnungen wie „Bleiben Sie bitte fair!“ zeigen, dass Sie sich unsachliche Angriffe nicht einfach gefallen lassen. So bleiben Sie standhaft, ohne sich auf das Niveau Ihres Gegenübers herab zu lassen und können sich auch gegenüber Ihren Vorgesetzten behaupten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.
Bei der Selbstbehauptung gegenüber den Kollegen oder dem Chef sollten Sie auch auf Ihre Körpersprache achten. Eine überzeugende Argumentation sollte immer von der richtigen Haltung unterstrichen werden. Machen Sie sich nicht klein, sondern nehmen Sie eine aufrechte, offene Haltung ein. Auch Ihre Hände sollten eine ruhende Position einnehmen. Sie können diese aber zu Gesten heranziehen, die das Gesagte unterstreichen. Verschränken Sie die Arme aber nicht, das kann Unsicherheit andeuten. Durch die offene Körperhaltung und den gezielten Einsatz von Gesten wirken sie umso selbstsicherer und Ihre Selbstbehauptung hat einen stärkeren Effekt.
In einigen Bereichen ist die Fähigkeit zur Selbstbehauptung und eine richtige Portion Selbstbewusstsein sogar essentiell. Ein Controller beispielsweise, der für die Steuerung der innerbetrieblichen Prozesse verantwortlich ist, wird bei der Zielfindung und Planung immer auch auf Widerstand stoßen – und benötigt somit das richtige Handwerkszeug, um alle Parteien zufriedenzustellen.
Selbst richtig kritisieren
Schnell finden Sie sich selbst in der Rolle des Kritisierenden wieder. Dabei ist es wichtig, sich gegenüber dem anderen fair zu verhalten und einige Punkte zu beachten: Sie sollten sich bei allen Kritikpunkten absolut sicher sein, bevor Sie den Kollegen damit konfrontieren. Achten Sie auch darauf, dass die Kritik rationalen Gründen entspringt, nicht der persönlichen Einstellung dem anderen gegenüber.
Sehr wichtig ist auch der Ton, den Sie dem Kritisierten gegenüber anschlagen. Sie wollen die Person ja nicht demütigen, sondern konstruktiv auf Fehler hinweisen. Hierbei hilft es sich in den anderen hineinzuversetzen und zu überlegen, ob Sie selbst die Kritik in der vorgetragenen Art und Weise annehmen würden. Es kann auch helfen, ein solches Kritikgespräch vorher anzukündigen. So ist der andere nicht zu überrascht und kann sich sogar auf das Gespräch vorbereiten.
Übung macht den Meister
Verstehen Sie jede Konfliktsituation als Übungspotential. Häufiges Üben bedeutet eine kontinuierlich Verbesserung Ihres Konfliktverhaltens: Sie fühlen sich immer selbstsicherer, werden mehr geachtet und besser behandelt. Sie zeigen anderen Menschen, woran diese bei Ihnen sind und fühlen sich insgesamt wohler, wenn Sie sich erfolgreich gegen andere behaupten. Es steigert Ihr Selbstvertrauen. Mehr Selbstvertrauen bedeutet eine stärkere Selbstbehauptung und dadurch auch eine stärkere Kritikfähigkeit. Von dieser positiven Aufwärtsspirale profitieren Sie als auch Ihr Arbeitsumfeld.
Kritikfähigkeit bedeutet also, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen, Anschuldigungen sachlich zurückweisen zu können und generell sachlich zu argumentieren, wenn Sie der Auffassung sind, im Recht zu sein. Aggressives Verhalten, Jammern, die Schuld bei anderen zu suchen, aber auch – ganz im Gegensatz dazu – Fehler einzugestehen, an denen Sie keinen Anteil haben, sind Zeichen schlechter Kritikfähigkeit.